Chopin: Die Nocturnes - Aldo Ciccolini | VDE-GALLO

Chopin: Die Nocturnes – Aldo Ciccolini

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Chopin: Die Nocturnes – Aldo Ciccolini

CD1:
Frédéric CHOPIN: Nocturne No. 1 in B-Flat Major, Op. 9, No. 1: Larghetto – Nocturne No. 2 in E-Flat Major, Op. 9, No. 2: Andante – Nocturne No. 3 in B Major, Op. 9, No. 3: Allegretto – Nocturne No. 4 in F Major, Op. 15, No. 1: Andante cantabile – Nocturne No. 5 in F-Sharp Major, Op. 15, No. 2: Larghetto – Nocturne No. 6 in G Minor, Op. 15, No. 3: Lento – Nocturne No. 7 in C-Sharp Minor, Op. 27, No. 1: Larghetto – Nocturne No. 8 in D-Flat Major, Op. 27, No. 2: Lento sostenuto – Nocturne No. 9 in B Major, Op. 32, No. 1: Andante sostenuto – Nocturne No. 10 in A-Flat Major, Op. 32, No. 2: Lento.

CD2:
Frédéric CHOPIN: Nocturne No. 11 in G Minor, Op. 37, No. 1: Andante sostenuto – Nocturne No. 12 in G major, Op. 37, No. 2: Andantino – Nocturne No. 13 in C Minor, Op. 48, No. 1: Lento – Nocturne No. 14 in F-Sharp Minor, Op. 48, No. 2: Andantino – Nocturne No. 15 in F Minor, Op. 55, No. 1: Andante – Nocturne No. 16 in E-Flat Major, Op. 55, No. 2: Lento sostenuto – Nocturne No. 17 in B Major, Op. 62, No. 1: Andante – Nocturne No. 18 in E Major, Op. 62, No. 2: Lento – Nocturne No. 19 in E Minor, Op. posth. 72, No. 1: Andante – Nocturne No. 20 in C-Sharp Minor, Op. posth.: Lento con gran espressione – Nocturne No. 21 in C Minor, Op. posth..

Aldo Ciccolini, Klavier Wikipedia


Die Kunst des Singens nachahmen…

Nocturne… Notturno… Nachtstück… Das sind schöne Synonyme für „Serenade“, „Divertissement“ oder „Kassation“. Zumindest war dies die Bedeutung, die man zur Zeit Verdis dem Wort „Nocturne“ zuschrieb! Noch mehr: Dieses „Nocturne“ war lange vor Chopin eine Form, die für Blasinstrumente bestimmt war, insbesondere für Hörner, manchmal auch für Streicher. Was war also das seltsame Schicksal dieses Wortes, das erstmals von dem Iren John Field – einem unterschätzten, aber talentierten Musiker (Dublin, 1782 – Moskau, 1837) – auf das Klavier „übertragen“ wurde und das schließlich durch das Genie Frédéric Chopins endgültig mit dem Klavier verbunden blieb?

Denn wenn wir die Form des Nocturnes betrachten, ist sie ebenso unbestimmt wie der musikalische Geist des Werks. Der Inhalt entspricht der Form: unbestimmt, verträumt, melancholisch – als ob die Komponisten zögerten, einer musikalischen Ausdrucksform, die ideal zum Seelenzustand der Romantik auf ihrem Höhepunkt passte, einen literarischeren Namen zu geben.

Chopins Nocturnes durchdringen die Nacht und lassen Gedanken „in der Abendluft“ schweben. Die ausgesprochenen und unausgesprochenen Worte, die Stille – all dies spiegelt die Einsamkeit des Musikers wider, dessen Kunst mit der des Interpreten verschmilzt. Chopin singt für sich selbst mit einer „Stimme“, die schon ab dem ersten Takt erkennbar ist: Er gesteht seine Liebe zum Belcanto. Seine Anschlagskunst drückt diese Leidenschaft aus. Die menschliche Stimme, getragen von der rechten Hand, tritt in Konflikt mit der Begleitung. Der Interpret muss daher die Ungleichmäßigkeit der Zeit in den Takten, in den Phrasen und sogar in den Silben, die man zu hören glaubt, abwägen. Die absolute Unabhängigkeit beider Hände, die manchmal in der Synkopierung miteinander kämpfen, im Zusammenspiel mit der feinfühligen Beherrschung des Pedals, verleiht jeder Interpretation ihren einzigartigen Wert. Die Phrase bleibt dabei in der Schwebe – eine umso heiklere Erhebung für den Interpreten, als das Tempo gemessen ist.

„Nocturne“ bedeutet jedoch weder Ungenauigkeit noch Dilettantismus. Scriabin, Debussy, Fauré, Ravel und Rachmaninow – sie alle verwendeten den Begriff, aber ihre Kompositionsweise, genau wie die Chopins, duldet keine Ungefähren.

Arme Pianisten… Bei Chopin müssen sie die Erwartungshaltung erzeugen, das Verlangen nach dem Ton, nach dem Akkord, der schließlich harmonisch die musikalische Linie auflöst. Die Stille gewinnt dadurch eine übergroße Bedeutung.

Man wird daher nie genau wissen, ob diese Nocturnes – Meisterwerke ihres Genres – „leicht“ oder „schwer“ sind. Natürlich kann das c-Moll Nocturne (Opus 48 Nr. 1) mit seiner beeindruckenden Technik erschrecken… Doch die eigentliche Frage liegt woanders. Chopin selbst gibt es zu: Man kann singen, oder man kann es nicht!

„Unbestimmte Form“, schrieben wir oben… Tatsächlich besteht Chopins Nocturne aus drei Teilen, wobei der mittlere im Kontrast zu den beiden äußeren steht. Chopin sucht hier sicherlich nicht nach Innovation. Im Gegenteil: Der Kontrapunkt ist mitunter äußerst streng. Man muss woanders suchen – in den Details der Ornamentik, die dem Klangkörper Fülle verleihen. Sie sind der fruchtbare Boden einer stilisierten polnischen Seele, auch wenn es illusorisch wäre, zu versuchen, sie aus diesen einundzwanzig Partituren herauszulesen. Die Verzierungen und die Deklamation lösen die Starrheit der Noten auf.

Das Rubato, das sanfte Streicheln der Tasten – sie werden zur Signatur dieser Werke, als würde Chopin darin die Oper ausdrücken, die er uns nie gegeben hat. Die Nocturnes, ebenso wie die Mazurken, durchziehen sein gesamtes Schaffen von 1827 bis 1846 – wie die leise Spur eines intimen Tagebuchs.


CHF 28.00

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