Joseph Lauber (1864-1952)
Anton Joseph Lauber wurde am 27. Dezember 1864 im luzernischen Ruswil geboren. Die Familie Lauber stammt ursprünglich aus Roggliswil im Kanton Luzern, wo sie bereits vor 1800 im Bürgerrecht erwähnt wird. Lauber’s Vater war von Beruf Schneider und leitete als passionierter Geiger eine eigene Musikkapelle.
Bereits in frühen Jahren trat Anton Joseph Lauber, der sich vom Jahr 1889 an Joseph Lauber nannte und seine Manuskripte fortan mit diesem Namen versah, als Pianist in der väterlichen Musikkapelle auf. Den Klang dieser Umgebung, den „Schweizer Volkston“, behielt Lauber ein Leben lang im Ohr. Er wurde genauso zu einem Teil seiner Identität, wie die Liebe zu den Alpen. Bis ins hohe Alter blieb Lauber ein leidenschaftlicher Berggänger und liess sich - um den geliebten Bergen so oft wie möglich nahe sein zu können - am Fusse des Diablerets-Massivs in der Westschweiz sogar eigens ein Chalet bauen.
Ein verheerender Brand zerstörte 1869 das väterliche Haus und die Familie des zukünftigen Musikers war gezwungen, Ruswil zu verlassen um für kurze Zeit in Luzern zu leben. Bereits 1871 zog die Familie nach Fleurier (NE), wo Joseph Lauber‘s Vater als Dirigent die „Musique militaire du Val-de-Travers“ leitete. Für die ganze Familie waren dies zwei glücklose Jahre, geprägt von hartem Existenzkampf und Unsicherheit.
1874 etablierte sich die Familie in Neuenburg, wo der Vater ebenfalls ein Orchester leitete. Aus dieser Zeit stammt die erste Komposition des 10-jährigen Knaben, ein Klavierstück, mit dem Titel „Vive la Suisse“. Dank des Mäzens Carl Russ-Suchard, Schwiegersohn des Gründers der Schokoladefabrik Suchard, gelang es Joseph Lauber erstmals in seinem Leben, dem konservativ-engen Milieu zu entkommen und von 1881-1883 in Zürich ein Musikstudium zu beginnen.
Sein Mentor und Förderer war Friedrich Hegar (1841-1927) welcher 1876 das Konservatorium Zürich gründete und mit Johannes Brahms befreundet war. Joseph Lauber studierte bei ihm Chordirektion und wurde wegen seiner grossen Begabung zum bevorzugten Schützling des Meisters. Hegar liess ihn oft ans Dirigentenpult des Tonhalle Orchesters Zürich treten. Daneben studierte er Komposition, Harmonielehre, Gesang und Musikgeschichte und nahm Unterricht in Klavier und Orgel bei Gustav Weber und Fritz Blumer.
Am 6. Dezember 1881, anlässlich eines Besuches von Johannes Brahms in Zürich, stellte Hegar Joseph Lauber seinem Freund vor. Von nun an war der junge Musikus nicht mehr zu halten: er wollte die grosse Musikwelt kennenlernen und erobern. Ein Orgel-und Kompositionsstudium in München beim berühmten Spätromantiker Joseph Gabriel Rheinberger hinterliess tiefe und bleibende Eindrücke.
Zurück in der Schweiz wurde Joseph Lauber Organist in Serrières (NE) und am „Temple Français“ in Le Locle im Kanton Neuenburg. Aber je länger er hier als Provinzmusiker tätig war, desto grösser wurde sein Verlangen, noch einmal Metropolenluft zu schnuppern. Und wieder war es der Mäzen aus der Familie Suchard, der ihm den Wunsch erfüllte. Er ermöglichte Lauber ein Studienjahr in Paris. Der junge Komponist besuchte in der französischen Hauptstadt Kompositionskurse bei Jules Massenet und erhielt in der Klavierklasse von Louis Diémer, ein ehemaliger Schüler von Ambroise Thomas, den letzten Schliff.
Am 18. Juni 1894 heiratete Joseph Lauber die Sängerin Julia Zéline Adam, aus deren Ehe ein Sohn und eine Tochter stammen. In Zürich, wo die junge Familie fortan Wohnsitz nahm, wurde dem Klaviervirtuosen Lauber die Möglichkeit geboten, am Konservatorium eine Konzertausbildungsklasse aufzubauen.
Ende 1899 nahm Lauber zusammen mit anderen Komponisten der Romandie, wie Gustave Doret und Otto Barblan an der Gründung des Schweizerischen Tonkünstlervereins teil. Aufgrund von innovativen Formenlehr-Kursen, die Lauber in Genf gab, folgte 1901 die Berufung als Theaterkapellmeister an das „Grand Théâtre de Genève“. 1907 erhielt Lauber eine Professur für Klavier und Instrumentation am Konservatorium in Genf und leitete ab 1917 am gleichen Institut eine Kompositionsklasse. Zu seinen Schülern zählten Henri Gagnebin, Frank Martin, Richard Flury, Emil Frey, André François Marescotti, Rudolf Moser und Bernard Reichel.
Frank Martin widmete seinem verehrten Lehrer seine 1. Violinsonate, welche Lauber, zusammen mit der Geigerin Maggy Breitmeyer am 10. Juli 1915 am Schweizerischen Tonkünstlerfest in Thun zur Uraufführung brachte.
1941 wurde JosephLauber für sein kompositorisches Schaffen der Ehrendoktor der Universität Neuenburg verliehen. Das „Conservatoire de Genève“ ehrte den Meister 1951 zu seinem 50. Unterrichtsjubiläum mit grossen Festivitäten, anlässlich derer verschiedene seiner grossen Chor- und Orchesterwerke aufgeführt wurden. Nach einem erfüllten und reichen Leben als Komponist, Interpret, Dirigent und als eine der einflussreichsten Persönlichkeiten des musikalischen Lebens in der Romandie, starb Joseph Lauber Im Alter von 88 Jahren in Genf.