BEETHOVEN : PERIOD ARRANGEMENTS FOR HARMONIUM-PIANO DUO – LIAISON EXTRAORDINAIRE : CHRISTOPH LAHME – OLIVER DRECHSEL
GALLO CD-1621
Liaison Extraordinaire : Beethoven : Period Arrangements for Harmonium-Piano Duo
Ludwig van BEETHOVEN : Coriolan, Op. 62 (Arr. by J. Doebber): Overture – Sextet in E-Flat Major, Op. 81b (Arr. by A. Durand) – Symphony No. 7 in A Major, Op. 92 (Arr. by A. Reinhard): II. Allegretto – String Trio in D Major, Op. 8 „Serenade“ (Arr. by S. Karg-Elert) – Piano Quintet in E-Flat Major, Op. 16 (Arr. by A. Méraux): II. Andante – Zärtliche Liebe, WoO 123 „Ich liebe Dich“ (Arr. by S. Karg-Elert) – Oliver DRECHSEL : Dreaming of E. Op. 46 (After Beethoven, für Elise, WoO 59) – Ludwig van BEETHOVEN : Symphony No. 5 in C Minor, Op. 67 (Arr. by A. Reinhard): I. Allegro con brio.
Liaison Extraordinaire : Christoph Lahme, Harmonium, Oliver Drechsel, Klavier.
Nach einer Reihe von Publikationen mit Originalwerken für und mit Harmonium im Hause VDE-Gallo, zuletzt Kompositionen von August Reinhard, folgt nun wieder eine CD mit der anderen großen Domäne dieses Instruments: die Bearbeitung. Und hinsichtlich des Erscheinungsjahres dieser Edition, 2020, fiel uns die Wahl des Komponisten auch nicht schwer. Der Entschluss, eine Debut-CD zu produzieren, stand länger fest, und da wir uns anlässlich unserer Konzerte immer wieder darüber freuten, welch schöne und hochwertige Bearbeitungen der Werke des Jubilars für unsere Besetzung existieren, kam uns das Beethoven-Jahr wie gerufen.
Rossini war zwar nicht der erste, der die Vorzüge der Kombination von Harmonium und Klavier erkannte, wohl aber ist seine Petite Messe Solennelle das berühmteste Beispiel dafür. Bemerkenswert ist, dass Rossini die Orchesterfassung der Petite Messe nur angefertigt hat, um einer möglichen Verzerrung durch orchestrierende Kollegen vorzubeugen. „Orchestralität“ ist ein Stichwort, das im Zusammenhang gerade mit dem Harmonium immer wieder auftaucht. Diese Eigenschaft qualifiziert es in besonderer Weise für die Darstellung symphonischer Musik.
So schreibt der Harmoniumbauer, Komponist und Verleger Alphonse Mustel: „Sie werden mir darin zustimmen, dass das Kunstharmonium ohne jeden Vergleich das einzige orchestrale Instrument ist, das den Eindruck einer symphonischen Masse hervorrufen und Details ihrer Wirkung nachahmen oder zumindest in Erinnerung rufen kann, kurz: das einzige, das als suggestive Reduktion des Orchesters angesehen werden kann, ein kleines Salonorchester.“
Und Richard Strauss fügt dem Abschnitt über das Harmonium („Melodium“) in Berlioz‘ Instrumentationslehre folgendes hinzu: „Sehr geeignet ist das Melodium zu Arrangements symphonischer Werke mit Klavier, Geige, Violoncell, als Ersatz der Blasinstrumente. In Frankreich ist in Familien diese Zusammenstellung als Hausmusik sehr gebräuchlich und dem bei uns so gern gepflegten Vierhändigspielen auf dem Klaviere entschieden vorzuziehen.“
Bei der Frage nach dem passenden Harmonium haben wir uns für ein Instrument von Alexandre, Paris ca. 1880, entschieden, das sich in seiner Ausstattung und in etlichen baulichen Details stark an den Kunstharmonien von Mustel orientiert. Hinsichtlich der äußeren Gestaltung und vor allem der ursprünglichen Stimmtonhöhe wird es für einen Kunden aus dem Commonwealth bestimmt gewesen sein. Bei unseren Aufnahmen musste es klanglich und technisch einer ganzen Reihe unterschiedlicher Anforderungen genügen: Da ist einerseits die Klangwelt des relativ frühen und einfachen Instrumententyps, von dem Durand bei seiner Bearbeitung des Sextetts in den 1850er Jahren ausging, andererseits Karg-Elerts hochspezielles Arrangement der Trio-Serenade für ein spätes Kunstharmonium.
Wie üblich, sind Karg-Elerts Registrierangaben äußerst umfangreich und detailliert; wir haben uns weitestgehend daran gehalten. Das andere Extrem bildet August Reinhard: Er enthält sich jeglicher Angaben zur Registrierung; wir durften, ja mussten frei walten. Johannes Doebber notiert lediglich das Ein- und Ausschalten des Grand Jeu, schreibt aber die Orchesterinstrumente in die Partitur, deren Passagen man gerade spielt.
Die Arrangements von Durand und Méreaux sind nur sparsam mit Registrierangaben versehen, man beschränkt sich auf das Wesentliche, Umregistrierungen sind selten und es tauchen auch nur die Register 1-4 auf. In seinem Standardwerk L’Orgue Expressif ou l’Harmonium steht Mustel für die künstlerische Freiheit des Interpreten bei der Wahl und Abmischung der Klangfarben. In diesem Sinne verwenden wir auch schon einmal andere Farben des Alexandre-Harmoniums als die vorgeschriebenen. Um bei der künstlerischen Freiheit zu bleiben: Karg-Elert arrangiert nur vier Sätze aus der Trio-Serenade und beschließt das Stück mit den Variazioni, wobei nach der letzten Variation das Thema wiederholt werden soll. Wir haben uns hingegen dazu entschlossen, es mit dem Beethovenschen Original zu halten und spielen Nr. 1 MARCIA da Capo.
Dreaming of E. von Oliver Drechsel entstand ursprünglich als Kompositionsauftrag der Bonner Pianistin Susanne Kessel zu ihrem internationalen Kompositionsprojekt „250 piano pieces for Beethoven“. Notenpate war kein Geringerer als Regisseur Artur Brauner (Hitlerjunge Salomon), der just am Entstehungstag der Komposition seinen 100. Geburtstag feierte. Die melancholische, filmmusikwalzerähnliche Komposition fußt auf den ersten Takten von Beethovens Für Elise WoO 59 und eignet sich durch ihre mehrstimmige Anlage sehr gut für eine Adaption mit Harmonium und Klavier. Wenn im Original die Wendung in das hoffnungsvolle C-Dur erfolgt, bricht sich unter der Elisen-Melodie der Anfang von Beethovens Liebeslied „Zärtliche Liebe“ WoO 123 Bahn und bildet den kurzen kontrastierenden Mittelteil. Das Ende des Traums bleibt offen…
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