Caroline Butini (Genf, 2. Mai 1786 - Genf 17. März 1836) ist das älteste Kind von Pierre Butini und Von Jeanne-Pernette, geborene Bardin. Der Vater, ein europaweit renommierter Arzt und ein grosser Musikliebhaber, scheint der wichtigste Förderer ihres Musizierens gewesen zu sein. Im nahen familiären Umfeld ist bisher jedoch niemand bekannt, der selber intensiv musiziert hat und die musikalische Berufung von Caroline erklären könnte. Als Zwanzigjährige schreibt die junge Frau in ihr Tagebuch: „J’ai consacré un tiers de ma vie à la musique” (Ich habe einen Drittel meines Lebens der Musik gewidmet).
Durch ihre Herkunft gehört Caroline Butini der gesellschaftlichen Oberschicht Genfs an. Sie wächst daher in einem auch für Mädchen bildungsfördemden Umfeld auf und erhält eine breite Allgemeinbildung. Mit 22 Jahren wird sie mit Auguste Boissier (1784-1856) verheiratet. An seiner Seite kann sie sich zu einer eigenständigen (Künstlerinnen-) Persönlichkeit entwickeln. Auguste, der mehrere Iandwirtschaftliche Güter besitzt und verwaltet, unterstützt seine Frau im Musizieren und Komponieren ; er selber ist ein leidenschaftlich gerne Geiger.
1810 wird dem Paar Edmond geboren, drei Jahre später Valérie. Den Winter verbringt die Familie in Genf, den Sommer auf dem Landgut in Valeyres-sous-Rances, zwischen Orbe und Yverdon.
Den beiden Kindern wird viel Zuwendung und Förderung zuteil, was sich in ihren späteren Lebenswerken äussert. Edmond wird ein renommierter Botaniker und Valérie wird - unter ihrem Ehenamen de Gasparin - als Schriftstellerin und Gründerin der ersten laizistischen Kranken-schwesternschule, „La Source” in Lausanne, über die Schweiz hinaus berühmt. Wie ihre Mutter wird sie eine ausgezeichnete Pianistin; im Winter 1831-1832 wird sie bei Franz Liszt Klavier- und bei Anton Reicha Kompositionsunterricht erhalten.
Die Genferin Caroline Boissier-Butini war nach heutigem Forschungsstand - allerdings bestehen hier noch grosse Forschungslücken - eine der Vielseitigsten unter den Schweizer Komponistinnen und Komponisten ihrer Generation. Sie muss sowohl als Pianistin wie auch als Komponistin eine ausgezeichnete Ausbildung genossen haben. Der einzige Namen, der sie in ihren Schriften Zusammenhang mit ihrer Klavierausbildung erwähnt, ist Mansui, wobei es sich sowohl um den Vater, Claude-Charles (keine Daten bekannt) als auch um den Sohn (François-Charles, 1785-1847) handeln kann. Für das Fach Komposition kommt Nicolas Bernard Scherer (1747-1821) in Frage; er war Organist an der Genfer Hauptkirche Sankt Peter und Komponist. Die zahlreichen Hinweise auf selbständiges Lernen auch der über Dreissigjährigen könnten auch auf eine mehrheitlich autodidaktische Ausbildung hinweisen.
Mit welcher Intention die Eltern Butini ihrer Tochter gestattet haben, eine so gründliche musikalische Bildung anzueignen, die es ihr erlaubte, auf höchstem Niveau zu spielen und im Geiste ihrer Zeit zu komponieren, ist ebenfalls unbekannt. Ihre gesellschaftliche Zugehörigkeit schloss die Ausübung eines Berufs aus. Durch ausführliche Tagebucheinträge aus der Zeit vor der Heirat ist bekannt, welches Bild Caroline Butini sich selbst von einer guten Ehefrau machte und was die Genfer Gesellschaft von einer Frau ihres Standes erwartete. Daraus ist zu schliessen, dass es im Tagesablauf einer Genfer Bürgerin theoretisch keinen Platz gab für eine kreative, gestalterische Tätigkeit und schon gar nicht für eine nachhaltige Beschäftigung mit der damals ziemlich anrüchigen Kunstsparte Musik. Es erscheint daher umso aussergewöhnlicher, dass sie nach der Heirat über Jahre viel und regelmässig komponiert hat.
Über ihre musikalische Praxis wurde in der Allgemeinen musikalischen Zeitung vom 1. März 1815 berichtet. Dort beschreibt der Korrespondent die „ungemeine Fertigkeit [von Frau Boissier] auf dem Pianoforte“, insbesondere in einem Konzert aus ihrer Feder.
Im Frühjahr 1818 hat Caroline Boissier-Butini ihr musikalisches Können an dem der besten Pianistinnen und Pianisten in Paris und London gemessen. So spielte sie vor Marie Bigot, Ferdinand Paer, Friedrich Kalkbrenner, Johann Baptist Cramer und erntete uneingeschränktes Lob, sowohl für ihre Werke wie auch für ihre Interpretationen. Es ist erwiesen, dass sie ihre Werke bei Ignaz Pleyel in Paris veröffentlichen wollte, aber mit dieser Absicht kein Erfolg hatte; mit dem Verlag Leduc hingegen hat sie einen Vertrag abgeschlossen. In der bis gegen Ende des 19. Jahrhundert musikalisch rückständigen Stadt Genf ist sie 1825 und 1826 mehrmals in den Konzerten der Iokalen „Société de musique“ aufgetreten, auch mit eigenen Werken. In ihrem erhaltenen Oeuvre fällt die Vielzahl an Instrumentalwerken auf. Bemerkenswert ist auch die frühe Beschäftigung mit der Volksmusik ihres eigenen Umfelds. Caroline Boissier beschreibt in einem Brief von 1811, wie sie in Valeyres Volkslieder niederschrieb, die ihr eine Frau aus dem Dorf vorsang. Möglicherweise fanden einige davon Eingang in ihr 6. Klavierkonzert „La Suisse” fanden.
Caroline Boissier-Butini war als Musikerin zu Lebzeiten schweizweit ein Begriff, Nach ihrem Tode hat die Familie ihre musikalischen Werke und ihre persönlichen Schriften (Tagebücher, Briefe, weitere Dokumente) sorgfältig aufbewahrt. 1923 haben ihr ihre Nachkommen zu einer gewissen Berühmtheit verhelfen, indem sie ihr Protokoll der Klavierstunden, die ihre Tochter Valérie 1831 bei Franz Liszt in Paris erhielt, un- ter dem Titel „Liszt pédagogue” und unter dem Namen „Madame Auguste Boissier" veröffentlichten (Reprint Champion, Paris 1993; zahlreiche Übersetzungen).
Die Werke und die Umstände der Musikpraxis von Caroline Boissier-Butini geben Einblick in die bis heute unter dem musikalischen Aspekt kaum erforschte Epoche der grossen politischen, sozialen und kulturellen Umbrüche zu Beginn des 19, Jahrhunderts in Genf und in der Schweiz.
BOISSIER-BUTINI Caroline
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MUSIQUE ET NATURE AU CHÂTEAU DE GRUYÈRES – FRANZ LISZT – CAROLINE BOISSIER BUTINI – ADALBERTO MARIA RIVA, PIANO
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CAROLINE BOISSIER-BUTINI : CONCERTO NO. 6 „LA SUISSE“ – BERNER KAMMERORCHESTER
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GALLO CD-1277